EU-Außenminister einigen sich auf Lockerung von Syrien-Sanktionen
Rund sieben Wochen nach dem Machtwechsel in Syrien haben die EU-Außenminister eine Lockerung der Sanktionen gegen das Land vereinbart. Die Chefdiplomaten der 27 Staaten hätten sich auf einen "Fahrplan" geeinigt, erklärte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas am Montag im Onlinedienst X nach einem Außenministertreffen in Brüssel. Zugleich betonte sie, die Aufhebung von Sanktionen könne "wieder rückgängig gemacht werden", falls die Machthaber in Damaskus "falsche Entscheidungen" träfen.
Nach Angaben des französischen Außenministers Jean-Noël Barrot sollen Strafmaßnahmen gegen den Energiesektor, das Verkehrswesen und Finanzinstitutionen aufgehoben werden. Die EU-Außenbeauftragte Kallas stellte zudem die Wiedereröffnung der EU-Vertretung in Damaskus in Aussicht.
"Wir wollen, dass die Menschen in Syrien wieder Strom haben, dass sie die Wirtschaft wieder auf die Beine bringen können", sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in Brüssel. Als Beispiel nannte sie neue Investitionen in ein Kraftwerk, das der Siemens-Konzern in Syrien bauen will. Die Pläne liegen seit mehr als zehn Jahren auf Eis.
Zugleich sagte Baerbock, die Lockerung von Sanktionen sei "kein Blankoscheck" für die neue islamistische Führung unter der HTS-Miliz. Die EU werde auch kein Geldgeber "für neue extremistische, terroristische oder islamistische Strukturen" sein.
Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) erklärte, mit der Entscheidung zur Aufhebung von Sanktionen habe die EU einen "entscheidenden Schritt für den Wiederaufbau des zerstörten Landes" unternommen. Damit werde es unter anderem Deutsch-Syrern leichter gemacht, mit ihrem Knowhow, Geldspenden oder unternehmerischer Tätigkeit zu helfen.
Die islamistische HTS-Miliz und ihre Verbündeten hatten Anfang Dezember den langjährigen syrischen Machthaber Baschar al-Assad gestürzt. Die Übergangsregierung unter HTS-Chef Ahmed al-Scharaa gibt sich seitdem gemäßigt und dringt auf die Aufhebung der internationalen Sanktionen.
Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte erklärte allerdings am Sonntag, mit den Islamisten verbündete Kämpfer hätten innerhalb von drei Tagen mindestens 35 Menschen willkürlich hingerichtet. Bei den meisten habe es sich um frühere Beamte der Assad-Regierung gehandelt.
Verschlechtert sich das politische Klima in Syrien, können die EU-Sanktionen dem Beschluss zufolge automatisch wieder eingesetzt werden. Das Waffenembargo gegen das Land will die EU nach Brüsseler Angaben in jedem Fall aufrecht erhalten.
Baerbock hatte Damaskus Anfang Januar gemeinsam mit ihrem französischen Amtskollegen Barrot besucht. Deutschland, Frankreich und vier weitere EU-Länder fordern in einer gemeinsamen Erklärung eine demokratische Beteiligung "aller Teile der syrischen Bevölkerung, insbesondere Frauen". Ob die HTS dies umsetzt, ist ungewiss.
Der amtierende österreichische Bundeskanzler und frühere Außenminister Alexander Schallenberg sagte zu solchen Forderungen, die EU dürfe nicht denselben Fehler wiederholen wie in Afghanistan und "Vorbedingungen stellen, die eigentlich nicht überwindbar sind". Ansonsten sprächen alle mit den neuen Machthabern, nur die EU nicht. "Da würden wir uns nur in den eigenen Fuß schießen", warnte Schallenberg.
A.Schmit--LiLuX